Die imposante Szenerie des Großen Kremlpalastes bildet in der Ära Putin den Hintergrund einer imperialen Renaissance. Dass an den Wänden des Georg-Saals auch die Wappen der ehemaligen Reichsterritorien Finnland und Polen prangen, unterstreicht die Kontinuität des russischen Großmachtanspruchs.
Am 18. März 2014 hielt Präsident Putin vor den Mitgliedern des Föderationsrates und der Duma eine magistrale
Rede, in der er die „Wiedervereinigung" der Krim mit Russland feierte. Der Staatsakt fand im Georg-Saal des Kremlpalastes statt. Anwesend waren Vertreter aller Regionen und Religionen der Russischen Föderation. In der Rede zur Lage der Nation am 4. Dezember 2014, die ebenfalls im Georg-Saal stattfand,
erläuterte Putin die Idee des russländischen Staatsvolkes: Russland sei eine „vielgesichtige, aber monolithische Nation" (mnogolikaja, no monolitnaja nazija).
Putin begreift sich selbst bereits nicht mehr als Inhaber eines Amtes, das auch von einer anderen Person ausgeübt werden könnte. Er sieht sich vielmehr als Garant eines politischen Systems, das nicht nur die eigene Stabilität, sondern auch die Stabilität seiner Verbündeten sichern kann. Damit inszeniert er eine absolute, geradezu imperiale Macht, die als alternativlos dargestellt wird. Formelhaft hat der Vorsitzende der Duma,
Wjatscheslaw Wolodin, diesen Anspruch im Jahr 2014 in eine prägnante Formel
gefasst: „Solange es Putin gibt, gibt es Russland. Ohne Putin – kein Russland".